Meet me in Ireland – Kapitel 15

Es war bereits nach elf Uhr abends, als Orla aufgab. Ronan und Benny saßen immer noch zusammen im Esszimmer. 

Der Junge hatte viel Redebedarf, denn heute hatte er sich im Laufe des Tages mit so gut wie jedem in der Gruppe gestritten, nur nicht mit Diarmuid. Es war offensichtlich, dass Benny unglücklich war, und Ronan schien der Einzige zu sein, der ihm helfen konnte.

Orla hatte versucht, Benny ins Bett zu schicken, aber Ronan hatte sie kurz beiseite genommen und ihr erklärt, dass der Junge ein wenig Zuwendung brauchte. Also sollte er die bekommen. Sie war dankbar für Ronans Erklärung. Wenn die Mädchen bestimmte emotionale Bedürfnisse hatten, so konnte Orla die sofort einordnen, doch die Jungs verstand sie nicht halb so gut. 

Sie schloss die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich und lehnte sich dagegen. Es war ja gut, wenn Ronan das auffangen konnte. Denn dafür waren die Jugendlichen ja hierher gekommen, das war der Sinn des Projektes. Sie sollten zur Ruhe kommen, sich mit sich selbst und ihren Gefühlen auseinandersetzen und Dinge über sich erfahren, die ihnen vielleicht nicht in den Sinn gekommen wären, wären sie in Dublin geblieben.

Trotzdem hätte sie zu gern Ronan einen Moment für sich allein gehabt. Seit dem Kuss am frühen Morgen waren sie nicht allein gewesen. Natürlich hatten sie sich nicht noch einmal angefasst oder gar geküsst. Gleichzeitig fühlte Orla immer noch seine Lippen auf ihren. Wie ein süßer Nachgeschmack, der nicht vergehen wollte. Den ganzen Tag hatte sie in diesem Gefühl geschwebt und immer wieder zu ihm rübergeschaut. Er war ein unglaublicher Mann.

Sie stieß sich von der Tür ab und machte sich bettfertig. Es war gut, dass sie in ihrem Zimmer ein Waschbecken hatte. So brauchte sie nicht in das Badezimmer oben zu gehen, das gerade von den Mädchen bevölkert wurde. Ab und zu benutzte sie dort die Dusche, aber meistens wusch sie sich nur hier unten. 

Orla putzte sich die Zähne, zog ihre Schlafshorts und das weite T-Shirt über, dann lauschte sie noch einmal an der Tür und hörte immer noch die Stimmen von Ronan und Benny.

Mit einem Seufzen ging sie ins Bett. Irgendwann würde sie Ronan noch allein sehen. Dann konnten sie vielleicht darüber reden, was da am Morgen passiert war. 

Zu gern wollte sie wissen, was er darüber dachte. Den ganzen Tag hatte sie sich keinen Reim darauf machen können, was er fühlte. Aber er hatte sie von sich aus geküsst und er hatte es genossen. Das hatte sie gespürt.

Insgeheim hoffte sie natürlich, dass er sie noch einmal küssen würde. Aber vielleicht war es für ihn ja auch nur eine einmalige Sache gewesen. Immerhin hatte er ihr in der Küche noch gesagt, dass es keine gute Idee war. 

Das hätte sie zum Beispiel zu gern gewusst. Nicht dass sie sich falsche Hoffnungen machte und immer nur darauf wartete, dass er sie noch einmal küsste. Aber es war auch schwer, die Initiative zu ergreifen.

So lag sie im Bett, hatte das Fenster geöffnet und lauschte dem fernen Rauschen des Ozeans. Man konnte keine einzelnen Wellen von hier aus ausmachen, aber es war deutlich zu hören, dass dort draußen ein großes, wildes Meer war. 

Im Laufe des Tages hatte es wieder angefangen zu regnen, so hörte sie auch Regentropfen draußen. Sie trommelten eine sanfte Melodie auf das Dach. Irland war schon ein faszinierendes Land. So rau und schön, so wild, majestätisch und manchmal auch ein wenig verschmitzt. Ganz anders als die USA. Sie trug beides in sich, doch sie musste sich eingestehen, dass sie Irland ein klein wenig lieber mochte als das Land, in dem sie aufgewachsen war.

Sie musste eingedöst sein, denn irgendwann erwachte sie und lauschte. Der Regen hatte aufgehört, und es war dunkler geworden. Wenn hier am Ende der Straße, wo das Seaglass Cottage stand, Nacht war, dann war es richtige Nacht. Es gab an diesem Ende nicht einmal eine Straßenlaterne. Das war auch etwas, woran sie sich gewöhnen musste.

Sie merkte, dass sie Durst hatte. Diarmuid hatte das Nudelwasser gesalzen und anscheinend ein wenig zu viel hineingetan. Also stand sie auf und ging zur Tür. Sie wusste nicht genau, warum sie zögerte, aber sie lauschte eine Weile. Stille umgab sie. Dann waren Ronan und Benny also zu Bett gegangen.

Leise öffnete sie die Tür und spähte hinaus. Niemand zu sehen. Sie mochte es nicht so gerne, wenn die Jugendlichen sie in ihrem Schlafanzug sahen. Deswegen eilte sie nur schnell in die Küche, nahm sich ein Glas aus dem Schrank und trank in großen Schlucken. Das kühle Wasser linderte ihren Durst. Morgen würde sie selber das Nudelwasser salzen. Doch dann dachte sie daran, was Ronan sagen würde: Diesen Fehler würde Diarmuid nicht noch einmal machen. Also sollte sie ihn morgen das Nudelwasser noch einmal vorbereiten lassen. Vielleicht war es auch einfach nur eine gute Lektion gewesen.

Sie stellte das Glas weg und ging wieder zurück in ihr Zimmer. Der Flur war dunkel, doch sie sah, dass Ronans Tür ein Stück offenstand. War das eben auch schon so gewesen? 

Sie konnte sich nicht daran erinnern. 

Sie stockte kurz. 

In diesem Moment öffnete sich die Tür weiter, und Ronan trat in den Türrahmen. Ganz leise. Um seinen Mund spielte ein Lächeln. Er verschränkte die Arme, sodass seine Muskeln an den Oberarmen hervortraten, und lehnte sich gegen den Türrahmen.

Ruhig schaute er sie an, und Orla wurde sich plötzlich allzu sehr bewusst, dass sie lediglich ihren alten Schlafanzug trug, mit dem verwaschenen grauen T-Shirt und der Hose, die oben am Saum schon ein Loch hatte. 

Vielleicht hätte sie ihr Schlafoutfit mit etwas mehr Bedacht auswählen sollen. Aber sie hatte ja nicht damit rechnen können, dass Ronan sie darin sehen würde. Ihr Bauch flatterte wie ein Schwarm Schmetterlinge.

„Hi”, flüsterte sie. „Du bist ja noch wach.”

„Ich hab auf dich gewartet.” Seine Stimme war so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.

„Ich war nur kurz was trinken”, sagte sie unsicher, aber ihr Herz schlug schneller. Was meinte er damit, dass er auf sie gewartet hatte?

Ronan stieß sich schließlich von der Tür ab, trat einen Schritt zurück. Er hielt seine Tür auf, und es dauerte einen Moment, bis Orla begriff, dass er sie einlud, in sein Zimmer zu kommen. Ihr Herz hämmerte so laut, dass sie sicher war, er müsse es hören. 

Sie wollte fragen, ob er sie hereinbat. Aber irgendwie schien es falsch zu sein, Worte zu benutzen. Das Haus war so still, und sie wollte nicht, dass irgendjemand lauschte oder mitbekam, dass sie beide wach waren.

Also nahm sie all ihren Mut zusammen und ging in sein Zimmer. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ganz leise schloss er die Tür, allerdings nicht, bevor er auch ihre Zimmertür geschlossen hatte. Auch das tat er fast lautlos.

Dann kam er zu ihr und blieb direkt vor ihr stehen, berührte sie jedoch nicht. Allerdings war ihr, als ob sie seine Wärme auch so fühlen könnte. 

„Ich hatte gehofft, dass du noch wach bist.” Seine Stimme war nur ein Wispern.

Orla schluckte. „Ich konnte nicht schlafen.”

„Warum nicht?”, fragte er leise.

Orla zögerte. Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie aufgewacht war, weil sie Durst hatte. Das wäre ja wenig romantisch. Doch es war, als ob er ihre Gedanken lesen konnte.

„Diarmuid hat das Nudelwasser ganz schön versalzen, oder?”

Sie musste lächeln und nickte. „Hast du nur auf mich gewartet, weil du mir das sagen wolltest?”, fragte sie.

Er erwiderte ihr Lächeln und schüttelte den Kopf. Das beschleunigte Orlas Herzschlag noch mehr. 

„Weil ich den ganzen Tag an nichts anderes denken konnte als an heute Morgen”, sagte er und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie hatte das Gefühl, als ob er das gern tat. Sein Blick wurde dabei immer so weich.

„Ist das so?“, fragte Orla atemlos und lehnte sich etwas näher zu ihm heran.

Sein Blick war intensiv. „An nichts anderes.”

„Ich auch nicht”, gestand sie ihm. 

„Und ich hatte gehofft“, sein Finger wanderte an ihrem Hals hinunter,„dass wir es noch einmal tun könnten.”

Sie biss sich auf die Unterlippe. „Zusammen Tee trinken?”

Jetzt lächelte er, und dieses Lächeln wärmte sie genauso wie der Tee es heute Morgen getan hatte. Dann schüttelte er den Kopf.

„Nicht Tee trinken.”

„Den Sonnenaufgang beobachten?”, hakte Orla nach und genoss das kleine Spiel zwischen ihnen.

Er malte sanft einen Kringel auf ihren Hals, und ein Schauer lief über ihren ganzen Körper.

„Du weißt genau, was ich meine. Ich will dich noch mal küssen. Was meinst du?”

„Also, wenn du unbedingt willst…“, sagte sie, aber konnte nicht verhindern, dass sich ein breites Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete.

„Bist du immer so frech?”, fragte er und legte den Kopf schief.

Orla hielt inne, als sie ernsthaft über diese Frage nachdachte. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nur bei dir.“

Jetzt schob er ihr wieder eine Haarsträhne hinters Ohr und es fühlte sich noch köstlicher an als vorher. „Willst du mich auch noch mal küssen?”

Sie fasste in sein T-Shirt und zog ihn näher zu sich heran. „So sehr”, wisperte sie.

Dann waren seine Lippen wieder auf ihren. Sie genoss es, dass er sie in die Arme schloss und näher zu sich heranzog. Es fühlte sich gut an, wie er ihren Mund erkundete und dass er leise stöhnte, als ob er noch nie etwas so Wunderbares gekostet hätte. Und für sie war es genauso. Sie hatte noch nie so einen schönen Kuss erlebt wie mit ihm.

Sie schlang die Arme um seinen Nacken und vergrub die Hände in seinen Haaren. Das hatte sie schon so lange machen wollen, aber heute morgen war sie so in ihrem Kuss versunken gewesen, dass sie daran gar nicht gedacht hatte. Seine Haare waren seidig unter ihren Fingern und sie liebte es, damit zu spielen.

Ihr Kuss wurde immer intensiver und Orla ahnte, dass es dieses Mal nicht nur bei einem Kuss bleiben würde. Ronan drängte sie einen Schritt rückwärts an die Wand, hob sie hoch und lehnte sich an sie. Zwischen ihren Beinen konnte sie fühlen, wie sehr er sie begehrte. 

Plötzlich war über ihnen im Obergeschoss ein leises Poltern zu hören. Orla erstarrte. Sie hatte ganz vergessen, dass die Jugendlichen im Haus waren. Ronan hielt inne, doch ließ sie nicht los, und seine Lippen waren ganz dicht vor ihren.

„Alles in Ordnung?”, fragte er leise.

Orla holte tief Luft. „Wir sollte das nicht tun“, sagte sie.

„Willst du nicht?” Sie konnte die Enttäuschung in seiner Stimme hören und es war das gleiche Gefühl, das sie gerade fühlte. Das hier war echt keine optimale Situation. Für einen Kuss vielleicht, aber für Sex ganz sicher nicht.

„Doch”, sagte sie und lehnte die Stirn an seine breite Schulter. „Natürlich will ich. Aber wir können doch nicht weitermachen, wenn die da oben sind.”

Er küsste ihre Schläfe. „Was ist, wenn wir ganz leise sind?“

„Ich weiß nicht, ob ich das kann”, erwiderte sie ehrlich.

Er lachte leise. Sie fühlte die Vibration in seinem Brustkorb. „Dann musst du dir eben ganz viel Mühe geben”, sagte er und küsste ihre Ohrmuschel. „Das macht es doch noch spannender.”

Er presste seine Hüfte an ihre. Orla schloss die Augen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal so viel Lust verspürt hatte.

Doch noch immer waren da diese Zweifel. „Wir können doch nicht einfach miteinander ins Bett gehen, wenn die da oben sind”, wisperte sie. „Was sind wir denn dann für Projektleiter? Das würden wir denen doch auch nicht erlauben.“

„Aber wir sind erwachsen und dürfen miteinander tun und lassen, was wir wollen.“ Er seufzte leise. „Und ich möchte sehr viele Dinge mit dir tun. Darüber denke ich schon so lange nach.“

Orlas Magen kribbelte. Gern hätte sie mehr darüber gehört, aber jetzt mussten sie erst einmal das andere Thema klären. 

Ronan musste ihr Zögern spüren. „Wir können auch aufhören”, sagte er. „Wenn du das wirklich willst. Das ist wirklich kein Problem.  Du sollst dich wohlfühlen, wenn wir das erste Mal miteinander im Bett sind.“

Das erste Mal. Hieß das, dass er darüber nachdachte, es nicht nur bei einem Mal zu belassen?

Orla schloss die Augen. Nein, sie wollte nicht aufhören. Ganz im Gegenteil. Sie wollte so viel mehr von ihm. Sie lauschte angestrengt. Von oben war nichts zu hören.

„Wenn wir jetzt aufhören”, flüsterte sie, „haben wir dann irgendeine andere Gelegenheit bevor ich wieder abreise?“

Erstaunt stellte sie fest, dass er tatsächlich darüber nachdachte. Schließlich schüttelte er den Kopf.

„Ich könnte höchstens einen meiner Freunde fragen, ob er mal auf die sechs aufpasst, aber ich denke, sie wüssten sofort, was los ist.”

„Oh nein, das will ich nicht”, sagte Orla. Die Vorstellung, dass jemand wusste, dass sie sich zurückzogen, um Sex zu haben, war ihr unangenehm.

„Oder wir lassen es ganz sein”, schlug Ronan vor, doch sie konnte an seiner Stimme hören, dass das nicht sein bevorzugter Plan war. Aber sie rechnete es ihm hoch an, dass er es vorschlug, auch wenn es ihm selber schwerfiel.

Orla lehnte den Kopf an die Wand und spielte mit seinen Haaren. Ihre Gedanken wirbelten wie Herbstblätter im Wind. Sie wusste, dass sie die Entscheidung treffen musste. Sie war dankbar, dass er ihr die Wahl überließ. Und trotzdem fiel es ihr nicht leicht. Ihr Verantwortungsbewusstsein kämpfte mit dem Verlangen. Und eigentlich war es klar, wer gewann, solange er sie so in den Armen hielt und sie seine Erregung so deutlich an ihrer empfindlichsten Stelle spürte.

„Ich will so gern”, sagte sie. „Glaubst du wirklich, dass wir es schaffen, leise zu sein?”

Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Der einzige Weg, das rauszufinden, ist es zu tun. Aber nur, wenn du wirklich willst.”

Orla überlegte noch einen kleinen Moment, und dann, zum ersten Mal seit sehr langer Zeit, warf sie alle Vorsicht in den Wind. Vielleicht war der Meerwind der irischen Küste dazu besonders gut geeignet. Sie durfte sich auch mal nehmen, was sie wollte. Sie musste nicht immer nur das tun, was andere von ihr wollten oder erwarteten.

Sie zog seinen Kopf zu sich heran, und dann küsste sie ihn. Der Kuss wurde immer intensiver und verlangender. Seine Hände glitten über ihren Körper. An der Art, wie er sie anfasste, erkannte sie seine Bewunderung für sie. Plötzlich war es ihr egal, dass sie diesen alten Schlafanzug anhatte. Sie wusste, dass Ronan sie auch so attraktiv fand. Das konnte sie in jedem seiner Küsse spüren.

Ronan streifte ihr das T-Shirt ab. Der Mond musste hinter den Wolken hervorgekommen sein, denn ein feiner, silberner Lichtstrahl zog sich über den Fußboden von Ronans Zimmer. 

„Du bist so schön”, sagte er und schaute sie bewundernd an.

„Danke”, sagte sie leise. Das von Ronan zu hören war besonders schön.

Jetzt zog sie ihm auch sein T-Shirt über den Kopf und bewunderte seinen Oberkörper. Den hatte sie ja schon immer erahnen können unter den T-Shirts, die er trug. Aber ihn so zu sehen war doch etwas Besonderes. Ehrfurchtsvoll strich sie über seine Muskeln. Dann nahm er sie wieder in den Arm, und als ihre nackte Haut seine berührte, stieg ihre Erregung wie eine Flutwelle.

Ronan hob sie hoch, sodass sie die Beine um seine Hüften schlingen konnte. Während er sie küsste trug er sie zum Bett. Als sie sich darauf setzten, knarzte es. Sie erstarrten beide.

„Daran hab ich gar nicht gedacht”, murmelte Ronan. „Das geht definitiv nicht.”

„Meins knarzt nicht”, sagte Orla und lächelte.

Ronan erwiderte ihr Lächeln und es war so entspannt und verschmitzt, dass sie Orla erstaunt innehielt. Dieses Lächeln hatte sie noch nie bei ihm gesehen. Aber es gefiel ihr. Sehr sogar.

Er stand auf, setzte sie vorsichtig ab und nahm ihr T-Shirt vom Boden. Dann reichte er es ihr. „Am besten ziehst du das an. Auch wenn es nur drei Schritte über den Flur sind.”

Kaum hatte sie es angezogen, nahm er sie an die Hand, öffnete seine Zimmertür und lauschte einen Moment. Dann zog er Orla über den Flur, und sie musste ein Kichern unterdrücken. Es fühlte sich herrlich verboten an. Wie mit sechzehn als sie das erste Mal einen Jungen mit nach Hause gebracht hatte. Aber das hier war noch schöner. Ronan war ein Mann und kein Junge mehr. Er wusste genau, was er tat.

Leise schloss er beide Türen hinter ihnen. Er zog sie zum Bett und setzte sich vorsichtig darauf. Tatsächlich knarzte es nicht. Er zog sie zwischen seine Beine, streifte ihr T-Shirt ab und fasste den Saum ihrer Shorts an.

„Darf ich?”, fragte er.

Orla nickte und hielt den Atem an. Das war immer der Moment, in dem sie sich am verletzlichsten fühlte. Wenn sie das erste Mal nackt vor einem Mann war. 

Mit Ronan aber war es eine interessante Mischung. Einerseits wollte sie ihm so sehr gefallen, denn er war viel mehr als nur ein One-Night-Stand. Auf der anderen Seite wusste sie, dass er niemals ihren Körper kommentieren würde. Zumindest nicht negativ. 

Sie wusste, dass ihre Brüste ein wenig zu klein und ihre Hüften dafür ein wenig zu breit waren, aber sie vertraute ihm genug, dass sie zuließ, dass er sie ganz auszog.

Im Sitzen war er fast genauso groß wie sie im Stehen. Als ihre Short zu Boden fielen, fühlte sie sich nur für einen kurzen Moment verletzlich. Als sie im silbernen Mondlicht, den Ausdruck auf seinem Gesicht sah, wusste sie, dass sie ihm gefiel.

Er seufzte ganz leise. „Wie ich schon sagte, du bist so schön. So wunderschön.“

„Danke“, erwiderte sie leise, zog sie ihn an sich und küsste ihn wieder. Sie drückte ihn nach hinten aufs Bett und krabbelte über ihn. 

Sie wollte, dass er auch nackt war, weil sie das Gefühl von Haut an Haut so sehr liebte. Also zog sie ihn aus und bewunderte auch seinen Körper. Er war wirklich ein schöner Mann, vollkommen in ihren Augen. Das hatte sie ja schon am ersten Tag am Strand festgestellt. Aber nie hätte sie sich damals träumen lassen, dass sie beide im Bett landen würden.

Ronan bewegte sich auf dem Bett nach oben, schlug die Decke zurück und zog Orla zu sich heran. Dann legte er die Decke über sie beide und sagte leise: „So haben wir wenigstens noch ein bisschen Schutz, falls sich doch jemand entscheidet hier reinzuplatzen.“

Für einen Moment lagen sie ganz still nebeneinander, ihre nackte Haut an seiner, und gewöhnten sich an das Gefühl des anderen. Es war pure Perfektion. 

Er küsste sie wieder, und seine Hände wurden fordernder. Auch Orla erkundete seinen Körper, und sie genoss es, wenn sie ihn dazu brachte, leise aufzustöhnen oder wenn er scharf die Luft einzog. Egal was er tat, sie fand alles erregend. Und das lag nicht nur daran, dass sie schon seit Ewigkeiten keinen Sex mehr gehabt hatte. Es lag an ihm. Einzig an ihm.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich unter ihm lag. Aber er füllte diese Ewigkeit gut mit Küssen, Streicheleinheiten, Liebkosungen und so viel Bewunderung für ihren Körper, dass es ihr fast schon unangenehm war. Er angelte irgendwann nach seiner Jeans und zog ein Kondom aus der Tasche.

„Ich hab leider nur eins”, sagte er und wirkte etwas verlegen.

Orla legte die Stirn an seine Brust und fragte sich, warum sie der Gedanke so glücklich machte. Er hatte das hier nicht geplant, nicht lange vorbereitet und anscheinend war er nicht ständig bereit, mit irgendwelchen Frauen ins Bett zu gehen.

„Ich nehme auch die Pille”, sagte sie.

Er lächelte. „Gut zu wissen.“

Er rollte das Kondom über, und dann endlich legte er sich auf sie. Er schaute ihr in die Augen, als er in sie eindrang, und Orla schnappte nach Luft so gut fühlte es sich an. Ein leises Stöhnen entfuhr ihr, und Ronan lächelte und legte ihr eine Hand auf den Mund.

„Ganz leise”, wisperte er, „sonst scheitert unser Versuch.”

Sie lächelte unter seiner Hand und bewegte gleichzeitig ihre Hüfte. Dieses Mal war er es, der ein Stöhnen unterdrückte. Schnell presste er die Lippen zusammen und Orla wiederholte die Bewegung. Einfach nur um ihn zu ärgern. 

Dann nahm sie seine Hand weg und küsste ihn, während sie sich daran gewöhnte, wie perfekt sie zusammenpassten. Endlich bewegte er sich langsam in ihr, und Orla gab sich ganz diesem Gefühl hin, das er in ihr auslöste. 

Noch nie hatte sie sich so geborgen bei Sex gefühlt, so gehalten, so nah. Warum war das sonst nie so gewesen? Doch jetzt hatte sie keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie wollte ihn einfach nur genießen und bei ihm sein.

Zu ihrer Überraschung schloss er nie die Augen, sondern schaute sie die ganze Zeit an, während er sie küsste und sich in ihr bewegte. Es fiel ihnen beiden schwer, leise zu sein, doch die Belustigung darüber brachte sie nur noch näher zusammen.

Ronan hatte es überhaupt nicht eilig und nach einer Weile entspannte auch Orla sich. Sie hatten nur ein Kondom und das wollte sie ausnutzen. Es wäre schade, wenn das hier gleich schon wieder zu Ende wäre. 

Aber irgendwann spürte sie, wie es Ronan immer schwerer fiel, sich zurückhalten. Sie hatte keine Ahnung, woher sie das wusste, aber sie fühlte, dass er kämpfte. 

„Ich will kommen“, wisperte sie in sein Ohr. „Darf ich?“

Er stützte sich auf die Ellenbogen und schaute sie an. Seine Augen waren glasig und seine Lippen ein wenig geschwollen von ihren Küssen. Orla konnte nicht anders und strich mit dem Daumen darüber. 

„Du brauchst mich nicht um Erlaubnis zu fragen“, flüsterte er.

Orla bewegte ihre Hüfte, denn durch den anderen Winkel war die Reibung so schön. Sie biss sich auf die Unterlippe, um ein Stöhne zu unterdrücken. 

„Dann habe ich das vielleicht falsch ausgedrückt. Hilfst du mir zu kommen? Bitte. Ich meine, hilf mir bitte zu kommen. Ich …“, sie schloss die Augen und konnte nicht weitersprechen, als er ihr Bein anhob und sich noch etwas tiefer in sie schob.

„Liebend gern“, flüsterte er in ihr Ohr.

Es war herrlich, was er mit seinen Fingern, Lippen und den gewisperten Worten anstellte. Von anderen Körperteilen einmal abgesehen. 

Dann endlich fühlte Orla, wie der Höhepunkt sich ankündigte, wie eine Welle, die bereit war, ans Ufer zu schlagen. Ronan musste es auch gespürt haben, denn er richtete all seinen Fokus auf sie, verstärkte seine Liebkosungen genau dort, wo sie sie brauchte und behielt diesen stetigen Rhythmus bei.

Sie verschränkte ihre Hände mit seinen, und dann kam sie. Sterne explodierten hinter ihren geschlossenen Lidern und diese kostbare Wärme durchflutete sie. 

Orla konnte sich nicht daran erinnern, dass sie schon mal so heftig in ihrem Leben gekommen war. Aber sie dachte daran, dass sie keinen Laut von sich geben durfte. Sie presste die Lippen zusammen, und vielleicht machte das den Orgasmus sogar noch intensiver. Als die Wellen der Ekstase endlich in ihr abebbten, war sie erschöpft und gleichzeitig völlig glückselig.

Sie bewegte sich unter Ronan, um ihm zu zeigen, dass er auch kommen konnte, und es dauerte nicht lange. Seine Bewegungen wurden schneller. Noch immer schaute er sie an, ganz intensiv, und schließlich bäumte er sich über ihr auf, schloss sie dann ganz fest in die Arme, drückte seine Lippen auf ihr Ohr, und sie konnte fühlen, wie er ein Stöhnen unterdrückte.

Als er endlich wieder zu Atem kam, hielt er sie noch immer, und Orla lachte leise. „Du warst lauter als ich.”

Er vergrub das Gesicht in ihren Haaren. „Ich glaube, uns hat trotzdem niemand gehört.” Seine Stimme war immer noch atemlos und sie strich ihm sanft über den Rücken.

„Du meinst, unser Versuch ist gelungen?”, fragte sie. Ronan richtete sich auf und als sie ihn anschaute, strich sie ihm eine schweißnasse Haarlocke aus seiner Stirn.

Er nickte und lächelte schief. „Ich denke schon. Wir könnten das also wiederholen.”

„Willst du das?”, fragte sie.

Er schaute sie an und studierte ihr Gesicht. „Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen.”

Orla biss sich auf die Lippe und versuchte ihre Aufregung im Zaum zu halten. „Dann solltest du unbedingt losfahren und noch ein paar Kondome besorgen.”

Ronan drehte sich auf den Rücken und zog sie so mit sich, dass sie angekuschelt an ihn lag. Er stopfte die Decke fest um sie, denn vom offenen Fenster her kam eine leichte Brise herein.

Orla hob den Blick und ihr wurde klar, dass sie das Fenster nicht geschlossen hatten. Sie seufzte. „Wir hätten es zumachen sollen. Dann hätten wir lauter sein können.”

„Nächstes Mal”, sagte Ronan und küsste sie auf den Scheitel. „Wir werden immer besser werden.”

Sie strich über seine Brust. „Ich glaube nicht, dass das noch besser werden kann.”

Das brachte ihn zum Lachen. „Wir werden sehen”, sagte er und zog sie an sich. „Aber du hast recht, das war schon ziemlich perfekt.“

Es dauerte nicht lange und sie schlief in seinen Armen ein. Ihr Herz war so voll wie noch nie. Sie konnte kaum glauben, was für ein Glück sie hatte, dass sie ausgerechnet nach Emerald Cliffs gekommen war.

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6 Gedanken zu „Meet me in Ireland – Kapitel 15“

  1. Ursula Schrader

    Liebe Julia,
    auch diese beiden Kapitel sind prickelnd und spannend geschrieben. Aber wie ich dich kenne, wird das nicht so bleiben und es ist Ärger vorprogrammiert.
    Ich fiebere den nächsten Kapiteln gespannt entgegen.
    Liebe Grüße
    Ursula

  2. Nun könnte ja das Ende kommen und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende… aber ich tippe nun funkt der unbeholfene andere dazwischen

  3. Es ist wirklich spannend, einmal mit Orla und Ronan, die so ein tolles Paar sind und anderseits die Arbeit mit den Jugendlichen, was auch interessant ist. Es macht Spaß auf neue Kapitel zu warten, vielen Dank liebe Julia.

  4. Ich bin ja mal gespannt, ob Orla wieder zurück nach Dublin geht. So ein schönes Paar. Ich freue mich auf die nächsten beiden Kapitel.

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