
Orla klappte den Geschirrspüler zu und lauschte. Von oben war ein Poltern gekommen. Es war das dritte Mal, dass sie lauschte. Irgendetwas stimmte nicht. Das sagte ihr ihr Bauchgefühl. Jetzt hörte sie laute Stimmen. Das war definitiv Benny.
Orla überlegte, ob sie einschreiten sollte, doch sie wusste, dass es manchmal besser war, die Jugendlichen allein zu lassen. Erst wenn sie zu ihr kamen, konnte sie sich einmischen. Das hatte Shane ihr mal erklärt. Trotzdem behagte ihr die ganze Sache nicht.
Sie nahm ihr Handy in die Hand und schaute auf die Uhr. Ronan war noch in seiner Werkstatt, da er eine Reparatur machen musste, die dringend hereingekommen war.
Er hatte sie gefragt, ob sie allein klarkommen würde. Doch natürlich hatte sie ja gesagt, aber jetzt war sie sich nicht mehr so sicher, ob das so gut gewesen war. Es kam ihr so vor, als ob die Jungen die Lücke spürten, die Ronans Abwesenheit schuf, und sie ausnutzten. Genau so machten die beiden Mädchen das aber auch, wenn Orla nicht da war.
Eine Nachricht erschien auf ihrem Handy, und sie hoffte, dass es Ronan war. Doch erstaunt stellte sie fest, dass es Shane war, der ihr schrieb.
Hey, wie geht es dir? Alles klar bei euch?
Wieder hörte sie von oben lautere Stimmen. Orla biss sich auf die Lippe. Sie würde Shane ganz sicherlich nicht sagen, dass es anscheinend gerade Streit gab.
Alles bestens. Wie geht es dir?
Schon besser. Die Hand heilt, und ich denke, dass ich bald wieder arbeiten kann.
Orla starrte auf den Satz. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Sie wusste auch nicht, warum er ihr dieses Unbehagen verursachte. Meinte er mit arbeiten, dass er wieder hierherkommen würde nach Emerald Cliffs? Oder wollte er ins Büro gehen? Sie starrte noch auf das Handy und lauschte auf die Laute von oben, als Shane wieder schrieb.
Hey, freust du dich gar nicht für mich, oder warum bist du so schweigsam?
Ungeduldig wie immer, dachte sie. Orla tippte:
Natürlich freue ich mich. Das ist ja super!
Sollte sie ihn fragen, ob er plante, hierher zu kommen? Doch nicht, dass er das als Einladung verstand. Und dann ärgerte sie sich über sich selbst, denn im Grunde genommen war es ja sein Projekt. Es wäre vielleicht sogar gut, wenn er herkommen würde. Er hatte die meiste Erfahrung mit den Jugendlichen. Aber irgendwie wollte sie nicht, dass er diese Idylle zerstörte, die sie sich mit Ronan aufgebaut hatte.
In diesem Moment musste sie irgendwie über sich selber lachen. Das klang ja fast wie aus einem Familiendrama in einer Fernsehserie. So idyllisch war es nun auch nicht, aber sie waren in den vergangenen Tagen in eine wunderbare Routine gefallen.
Morgens ging Ronan aus dem Haus, bevor die Jugendlichen aufgestanden waren. Sie vermutete, dass er immer zum Strand ging, um seinen Otter zu besuchen. Und zu gern wäre sie mal mitgegangen, aber einer musste im Haus bleiben.
Er kehrte dann rechtzeitig zurück, sodass sie gemeinsam das Frühstück vorbereiten konnten. Irgendwann wankten dann die Jugendlichen die Treppe hinunter, aßen meist schweigsam oder in Bennys Fall sehr lautstark ihr Frühstück und dann machten sie sich auf den Weg zur Werkstatt.
Die Gruppe arbeitete mit mehr oder weniger Begeisterung an ihren Projekten, doch alle machten große Fortschritte. Das lag vor allem daran, dass Ronan sich intensiv um sie kümmerte und jedem riet, wie er sein Projekt gestalten konnte.
Gegen zwölf Uhr aßen sie meistens ihr Mittagessen auf der Mauer vor der Werkstatt. Das war zu einer Art Routine geworden. Und nachmittags konnten die, die noch in der Werkstatt bleiben wollten, weiter arbeiten, und die anderen gingen zum Strand oder in die Stadt.
Aber da es in Emerald Cliffs keine großen Einkaufsläden gab, sondern nur kleine, gemütliche Läden, die von Einheimischen geführt wurden und in denen sie sich nicht rumtreiben konnten, war ihnen das schnell langweilig geworden. Oft kamen sie dann am Nachmittag schon wieder zur Werkstatt zurück.
Dadurch, dass sie ihre Handys nicht haben durften, beschäftigten sie sich dann doch irgendwann irgendwie. Benny und Aodhan hatten zum Beispiel ein Puzzle gefunden und arbeiteten daran, obwohl es zweitausend Teile hatte.
Ronan fiel immer irgendetwas ein, was die Jugendlichen tun konnten. Manchmal hatte er sie sogar zu seinen Freunden geschickt: zu Finn dem Bootsbauer oder Liam, dem Schmied. Einmal hatte er sogar eins der Mädchen zu Brendan dem Bildhauer geschickt, und sie hatte ihm geholfen.
Nur zu Connor, der eine Whisky-Destillerie hatte, ließ er niemanden, und das war auch gut so. Vermutlich würden die Jugendlichen irgendeinen Weg finden, sich dort Alkohol abzuzweigen, auch wenn Connor bestimmt gut aufpasste. Aber sie sollten besser kein Risiko eingehen.
Sie war immer noch erstaunt, wie umsichtig Ronan war. Er hatte die Jugendlichen gut im Blick und war auf eine sanfte Art streng mit ihnen. Es war genau das, was sie brauchten. Vor allem Diarmuid, der sich als unglaublich talentiert herausstellte, wenn es um die Arbeit mit Holz ging. Das Stück, was er fertigte, war faszinierend: lange Muster, die ineinanderflossen und es schien eher eine Skulptur zu werden als ein Gebrauchsgegenstand. Er sprach nicht viel, aber Orla konnte sehen, dass Ronan und der Junge eine ganz besondere Beziehung zueinander hatten.
Am Abend dann, wenn die Werkstatt aufgeräumt war, gingen sie zusammen zurück zum Seaglass Cottage. Die Jugendlichen bekamen ihre Handys, und Orla und Ronan bereiteten zusammen das Abendessen vor. Orla hatte dann ein bisschen Zeit für sich, denn die Jugendlichen waren für eine Stunde nicht mehr zu sehen und zu hören.
Ronan hingegen verschwand in dieser Zeit immer wieder. Sie hatte erfahren, dass er sich mit seinen Handwerkerkollegen traf. Das war ihre Tradition, dass sie sich immer am Spätnachmittag bei einem der fünf in der Werkstatt trafen. Montags war Ronans Tag. Dienstag gehörte Liam. Mittwochs Finn. Donnerstags Connor und freitags gingen alle zu Brendan.
Was sie dort taten, wusste Orla nicht, aber sie fand diese Tradition einfach faszinierend. Die fünf verstanden sich wirklich gut, und es war offensichtlich, dass sie einander vollkommen vertrauten. Es war eine tolle Gemeinschaft, und sie fühlte, wie es nicht nur Ronan, sondern auch die anderen vier erdete. Vermutlich taten die fünf der ganzen Gemeinschaft in Emerald Cliffs gut. Marion, die Bürgermeisterin, betrachtete die fünf auch immer so wohlwollend.
Und dann gab es da noch den alten Mike, der so etwas wie ein Mentor für die fünf gewesen sein musste. Ihm war das Craftsmen Quarter gewidmet. Er wohnte anscheinend in einem kleinen Cottage, und Orla hatte mitbekommen, dass Ronan ihn ab und zu besuchte, aber er sprach nicht viel über ihn. Allerdings war Mike derjenige, der das Fest veranstaltete. Orla war neugierig auf ihn, doch sie fühlte genau, dass sie Ronan nicht drängen durfte. Genau wie mit dem Otter gab es Bereiche in seinem Leben, die er nicht gern teilte. Deswegen war es für sie immer wie ein Schatz, wenn sie einen kleinen Einblick erhielt.
Immer wieder ertappte sie sich dabei, dass sie gern mehr Zeit mit ihm verbracht hätte, ihn noch besser kennengelernt hätte. Aber das war kaum möglich. Die Jugendlichen waren eigentlich immer in ihrer Nähe, und sie konnten selten allein zu zweit sein. Sie freute sich immer, wenn er ins Seaglass Cottage zurückkehrte, den frischen Wind und die salzige Luft mit sich brachte und meistens ein Funkeln in den Augen hatte, wenn er mit seinen Freunden zusammen gewesen war.
Danach kochten sie immer alle zusammen. Mittlerweile hatte sie auch schon Ronans Kochkünste kennengelernt und war sehr beeindruckt davon. Auch sie hatte ihn schon nach einigen Rezepten gefragt. Und am Abend halfen die Kinder, die Küche sauber zu machen, und manchmal spielten sie dann noch was miteinander. Das hatte Orla heute Abend auch geplant, aber irgendwie waren sie nicht so richtig bei der Sache gewesen. Sie wusste noch nicht mal, warum.
Von oben hörte sie jetzt lautes Brüllen. Wieder erschien eine Nachricht von Shane auf dem Handy.
Hast du kurz Zeit zu telefonieren? Ich würde gern was mit dir besprechen.
Orla schloss die Augen. Dafür hatte sie jetzt ganz sicher keine Zeit und vor allem keinen Kopf. Wenn sie jetzt mit Shane telefonierte, dann bekam er möglicherweise mit, was hier los war, und das wollte sie nicht. Also tippte sie schnell:
Sorry, hab gerade was zu erledigen. Vielleicht in den nächsten Tagen mal.
Sie steckte das Handy in die Tasche und überlegte kurz, ob sie Ronan benachrichtigen sollte. Doch sie wollte ihn nicht stören. Sie würde das auch allein schaffen. Sie eilte die Treppe nach oben, und wieder polterte es so laut, als ob jemand gegen eine Wand oder eine Tür geflogen war.
Orla holte tief Luft, straffte die Schultern und versuchte, so ruhig und bestimmt wie möglich zu sein. Sie wusste, dass das wichtig war bei den Jugendlichen. Sie klopfte kurz an und öffnete dann die Tür.
“Was ist denn hier los?”
Alle vier Jungs waren in einem Zimmer. Alle sahen wütend und verschwitzt aus. Diarmuid hatte einen fast mörderischen Blick aufgesetzt, und Benny stand sogar mit hoch erhobenen Fäusten in der Mitte des Zimmers. Die anderen beiden hatten die Arme verschränkt und blickten Benny an. Keiner von ihnen schien erschrocken, als Orla reinkam.
“Wir klären nur was”, sagte Benny, ohne Orla anzuschauen. Er fixierte Diarmuid.
“Und was, wenn ich fragen darf?”
“Das geht nur uns was an”, erwiderte Benny kurz.
“Oh nein, das geht auch mich was an, denn ich wohne auch in diesem Haus, und wenn ihr so laut rumschreit und hier rumpoltert, dann betrifft das uns alle.”
Im Zimmer der Mädchen war es ganz still. Sie nahm an, dass die beiden an der Tür standen und lauschten.
“Geh einfach”, sagte Benny. “Wir sind gleich fertig.”
Bei diesen Worten hob Diarmuid das Kinn und schaute Benny so herausfordernd an, dass dessen Gesicht rot wurde und er schneller atmete.
“Hör auf mit dem Scheiß”, sagte er.
Orla trat zwischen die beiden, obwohl ihr nicht wohl bei dem Gedanken war. Sie versuchte, ruhig zu atmen. “Es reicht jetzt”, sagte sie. “Jeder geht auf sein Zimmer und wir klären das morgen.”
Sie war sich nicht sicher, ob das die richtige Strategie war, aber diese Jungen strahlten eine solche Wut aus, dass ihr ganz schwindlig wurde. Definitiv zu viel Testosteron im Zimmer.
“Hör auf Orla”, sagte Benny zu Diarmuid, packte ihn am T-Shirt und zerrte ihn zur Tür. “Komm mit”, sagte er.
“Benny, lass das!” Orla sah ihn an und versuchte, so viel Strenge wie möglich in ihre Stimme zu legen. Doch er beachtete sie nicht einmal.
Diarmuid drehte sich aus dem Griff raus und schubste Benny. Dann kehrte er auf sein Bett zurück. “Lass mich”, sagte er.
Benny wollte sich gleich wieder auf ihn stürzen, doch Orla stellte sich ihm in den Weg.
“Hör auf damit!”
“Nein, das müssen wir jetzt klären.” Er wollte Orla zur Seite schieben, doch sie stieß ihn mit den Händen weg, was gar nicht so leicht war, da Benny ziemlich groß und muskulös war.
Das hier konnte sie nicht gewinnen, wenn er so wütend war. Er war nicht in der Lage, sie zu hören. Das kannte sie aus ihrer eigenen Jugend, die Wut vernebelte einem wirklich alle Sinne. Er meinte es nicht böse, wenn er sie beiseite schob, aber vermutlich würde er ihr wehtun, wenn sie sich ihm weiter in den Weg stellte. Das klappte so nicht.
Kurz überlegte sie, ob sie die beiden Jungen sich einfach prügeln lassen sollte, aber das war sicherlich auch nicht Sinn der Sache und konnte nach hinten losgehen. Was, wenn einer ernsthaft verletzt wurde? Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie hatte die Situation nicht mehr im Griff, und sie hasste es, wenn das passierte. Normalerweise fand sie immer einen Weg.
Sie atmete tief durch und versuchte, klar zu denken. Und dann fiel ihr ein, dass ein Weg auch sicherlich war, um Hilfe zu bitten. Sie holte ihr Handy aus der Tasche, tippte auf Ronans Nummer und hielt sich das Handy ans Ohr.
Er ging sofort ran. “Alles in Ordnung?”
“Nein”, sagte sie. “Könntest du kurz vorbeikommen?”
Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass er noch Verstärkung mitbringen sollte, aber das wollte sie nicht vor den Jungs tun.
“Bin gleich da”, sagte er und legte auf.
Sie wusste, dass er sich beeilen würde, und sie war so froh, dass er keine Fragen stellte, die sie in diesem Moment nicht beantworten konnte.
Benny wollte wieder auf Diarmuid losgehen, doch Orla stellte sich ihm erneut in den Weg, und sie hoffte, dass Ronan sich beeilen würde.
“Ihr hört jetzt auf zu streiten, bis Ronan da ist”, sagte sie.
Dieses Mal schaute Benny kurz zu ihr. “Nein, das werden wir vorher klären.” Er stürmte wieder an ihr vorbei und packte Diarmuid erneut am T-Shirt. Der trat nach ihm, doch das machte Benny nur noch wütender.
Panik kroch kalt ihre Kehle hinauf. Sie wusste, dass das überhaupt kein guter Berater war, deswegen drängte sie das Gefühl zurück. Sie musste klar bleiben. Wenn sie jetzt noch die Nerven verlor, dann konnte ja keiner mehr klar denken.
Doch zum Glück griffen dieses Mal die anderen beiden Jungen ein. Sie packten Benny an den Armen und zogen ihn zurück.
“Du hast gehört, was sie gesagt hat”, sagte Aodhan.
“Lass mich los!” fauchte Benny, doch die anderen beiden hielten ihn fest und zogen ihn zurück.
Orla schaute die anderen beiden Jungs an. “Worum geht es hier eigentlich?”
Die beiden wechselten einen Blick, doch dann hoben sie nur die Schultern. Orla stöhnte. Typisches Teenagerverhalten. Sie würden niemals einem Erwachsenen verraten, was los war.
“Möchtet ihr, dass wir euch alle nach Hause schicken?”, fragte sie.
Sie bemerkte, wie sich Diarmuids Augen weiteten. Er wollte definitiv nicht nach Hause. Die anderen beiden hoben wieder die Schultern, und auf Bennys Gesicht erschien ein zufriedenes Lächeln. Also war es klar: Er wollte gern nach Hause. Vielleicht machte er das sogar mit Absicht.
Orla hob das Kinn. “Wenn das so ist, dann werde ich deinen Aufenthalt hier eher verlängern, wenn du dich nicht wieder einkriegst.”
“Das kannst du gar nicht”, sagte er. “Ich muss nach Hause.”
“Natürlich kann ich das”, sagte Orla, obwohl sie sich nicht so sicher war, ob das wirklich möglich wäre. Aber es war wichtig, selbstbewusst aufzutreten.
Da klappte die Haustür, und Orla atmete erleichtert auf. Ronan musste gerannt sein, so schnell war er jetzt hier. Er sprintete die Treppe hinauf. Orla konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, als er ins Zimmer trat. So groß und stark, und sofort füllte seine ganze Präsenz den Raum. Wie ein Fels in der Brandung.
“Was ist los?”, fragte er. Sein Blick glitt von einem zum anderen. Anscheinend begriff er sofort, dass Benny und Diarmuid miteinander Stress hatten.
“Mitkommen”, sagte er.
“Wer?”, fragte Aodhan.
“Du und du.” Er wies auf Benny und Diarmuid.
Erschrocken schaute Orla ihn an. Sie war sich nicht sicher, dass das eine gute Idee war. “Die beiden haben Streit.”
Ronan nickte knapp. “Ich weiß”, sagte er. “Und deswegen werden sie mitkommen.”
“Aber es ist schon dunkel draußen”, sagte Diarmuid.
“Ja und?”, erwiderte Ronan. “Wenn ich sage, ihr kommt mit, dann kommt ihr mit. Ich brauche Hilfe.”
“Und was ist, wenn ich nicht will?”, fragte Benny. “Ich gehe nirgendwo hin.”
Ronan wies mit dem Kinn auf ihn. “Doch, das wirst du.” Er wies auf die Tür. “Schuhe und Jacke anziehen. Es regnet ein bisschen.”
Erst jetzt bemerkte Orla, dass Ronans Fleecejacke ein wenig nass war. Seine Haare auch. Kleine Wassertropfen glitzerten darin. Sie versuchte, ihm mit den Augen eine Frage zu stellen, doch er schaute sie nicht an. Er war vollkommen auf Benny und Diarmuid fixiert.
“Anziehen, sonst nehme ich euch mit, wie ihr seid.”
Und Orla war sich sicher, dass er das tun würde. Benny zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. Diarmuid hingegen hob das Kinn und ging ganz langsam an Benny vorbei zur Tür.
Ronan schaute ihn an. “Spar dir das”, sagte er. “Du wirst deine Energie noch brauchen.”
Orla war erstaunt, dass er ausgerechnet mit Diarmuid so hart umsprang, denn die beiden hatten ein ganz besonderes Verhältnis miteinander. Diarmuid war anscheinend auch erstaunt. Einen Augenblick schauten sie sich an, dann blickte Diarmuid als Erster weg.
Ronan nickte. “Dachte ich’s mir doch.”
Diarmuid blickte ihn erneut an. “Was hast du dir gedacht?” Sein Ton klang herausfordernd.
“Du bist nicht ganz unschuldig an der Angelegenheit.”
“Er hat…”, setzte Benny an.
Ronan hob die Hand. “Kein Wort. Es ist mir völlig egal, worum es ging. Ihr wart beide nicht unschuldig, und deswegen kommt ihr jetzt mit.”
“Wann sind wir zurück?”, fragte Benny.
“Wenn wir fertig sind”, sagte Ronan und wies auf die Tür. Benny schnappte sich seine Jacke und ging ebenfalls die Treppe hinunter.
Orla trat zu Ronan auf den Treppenabsatz. “Was hast du vor?”, fragte sie leise.
“Ich werde die beiden so lange Bauholz schleppen lassen, bis sie nicht mehr stehen können. Danach werden sie sich wieder vertragen haben.”
“Bist du dir sicher?”, fragte sie.
“Sehr sicher.” Er lächelte. “Warte nicht auf mich. Das wird ein paar Stunden dauern, bis die beiden genug haben.”
“Hast du denn überhaupt so viel zu tun?”
“Definitiv. Das Bauholz muss von der einen Ecke des Hofes auf die andere, und das muss jetzt passieren.”
“Jetzt? Mitten in der Nacht?”
“Kein Problem. Ich hab nur darauf gewartet, dass sich mal jemand streitet. Das hat sich die letzten Tage schon zusammengebraut.“ Er lächelte. “Alles okay bei dir?”, fragte er, und sein Blick wurde ernst.
Orla nickte. “Aber es ist gut, dass du gekommen bist.”
Sie sprachen so leise, dass sie niemand hören konnte. Zu ihrer Überraschung drückte Ronan kurz ihren Arm, und fast hätte sie sich an ihn gelehnt, so groß war die Erleichterung, dass er das übernommen hatte. Seine Berührung sandte Wärme durch ihren ganzen Körper.
“Können wir jetzt los?”, rief Benny von unten. Seine Stimme klang immer noch wütend. Doch die beiden Jungs standen direkt neben der Tür, ohne sich anzurempeln oder miteinander zu streiten. Anscheinend hatten sie Respekt vor Ronan.
Ronan ließ sich Zeit. Er ging noch einmal ins Zimmer zurück und sagte zu Aodhan und Caius: „Wartet das nächste Mal nicht ab, bis die beiden sich die Köpfe einschlagen, sondern interveniert. Sonst schleppt ihr auch Holz.” Beide nickten hastig. “Und jetzt werdet ihr runtergehen und den Kamin säubern und wieder bestücken. Aber nicht anzünden. Verstanden?“
“Dann müssen die Mädchen aber auch helfen”, sagte der eine Junge.
“Ganz sicher nicht”, sagte Ronan. “Aber wenn ihr wollt, könnt ihr danach ja noch Orla bei einer Runde UNO abzocken.”
Aodhans Augen funkelten. “Das klingt doch gut.”
Er liebte es zu gewinnen, und er hatte tatsächlich schon alle gegen die Wand gespielt, egal bei welchem Kartenspiel. Selbst bei UNO gewann er immer.
Ronan legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Also benehmt euch. Ansonsten komme ich wieder und hole euch.”
Er ging an Orla vorbei, und wieder drückte seine Hand ihre ganz kurz. Ihre Haut prickelte von der Berührung. “Meld dich, wenn irgendwas ist.”
Orla nickte mit einem Kloß im Hals. “Mach ich.”
Sie wussten beide, dass Ronan keine Hilfe brauchte.
Als sich die Tür hinter den dreien geschlossen hatte, lehnte Orla sich gegen die Wand und atmete tief durch. Ihre Knie waren ein wenig weich. Ihr Handy gab einen Ton von sich, und sie sah, dass Shane schon wieder geschrieben hatte. Plötzlich fragte sie sich, wie er diese Situation gehandhabt hätte. Sicherlich nicht so souverän wie Ronan.
Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus, als sie daran dachte, wie gut es tat, mit einem Mann wie Ronan zusammenzuarbeiten. Einem Mann, auf den man sich verlassen konnte.
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Ok vielleicht sollte ich warten bis das Buch raus ist ,es ist mega gut.
Das ist eine tolle Geschichte mir den Jugendlichen und dem Projekt. Schön zu sehen, wie Ronan Orla hilft und dabei selbst zugänglicher wird. Orla und Ronan geben ein schönes Paar ab. Toll geschrieben.
Die Geschichte ist mal etwas ganz anderes es gefällt mir sehr gut das es dabei um das Wichtige Thema Jugendarbeit geht!
Aber Die Liebe darf dabei nicht fehlen!
Vielen Dank für die Geschichte zwischendurch!
Schöne Grüße
Boah, Shane, du störst. Ich tippe er wird demnächst noch mehr stören, wenn er zurückkehrt und die Jugendlichen durcheinander bringt. Ich tippe drauf, dass Shane sich auch an Orla ran machen möchte…das wird spannend…
Hallo Julia, die beiden Kapitel sind wieder unglaublich spannend. Jugendarbeit ist wirklich nicht einfach, aber wie es scheint, meint Shane das (was ich mir vorstellen kann nach deiner bisherigen Charakterdarstellung).
Ich warte gespannt auf die nächsten Kapitel und wünsche dir ein schönes Wochenende.
Ursula
gute Geschichte, mal was anderes weiter so
Super, tolle Geschichte. Ich finde es sehr spannend, wie es weitergeht. Ich freue mich jede Woche auf die neue Kapitel. Schreib, weiter so tolle Geschichten.
…..bin sehr gespannt wie die Geschichte weitergeht….echt toll Julia
Bitte mehr man bekommt nicht genug davon.ich liebe es