
Elizabeth
Elizabeth öffnete die Tür und war sich der neugierigen Blicke ihrer besten Freundinnen nur allzu bewusst.
Tatsächlich stand Steven vor der Tür und lächelte sie an.
„Gute Abend, Steven.“ Sie konnte nicht anders, als zurück zu lächeln. Er war der netteste Nachbar, den man sich vorstellen konnte.
„Hallo Elle, entschuldige, dass ich so spät noch störe. Aber da Alyssa eben erst vom Buchclub nach Hause gekommen ist, dachte ich mir, dass du noch wach bist.“
Elizabeth deutete hinter sich. „Kein Problem. Meine Freundinnen sind noch da. Meistens reden wir alten Schachteln immer noch ein bisschen, wenn die jüngeren Mitglieder des Clubs schon weg sind und sich zuhause um ihre Ehemänner kümmern.“
Steven grinste. „Oder ihre alten Schwiegerväter wecken müssen, die auf dem Sofa eingeschlafen sind.“
„Du bist doch nicht alt“, sagte Elizabeth.
Steven hob die Augenbrauen. „Genauso wenig wie du.“
Elizabeth hob die Schultern. „Ansichtssache.“
Hinter ihr räusperte sich jemand und Elizabeth wandte sich um. „Oh, das sind übrigens meine Freundinnen Megan und Nicki. Kennt ihr euch eigentlich?“
Steven nickte den beiden Frauen hinter ihr zu. „Guten Abend, die Damen.“
Megan grinste breit. „Hallo, Officer.“
„Ich bin schon seit ein paar Jahren in Rente“, erwiderte Steven und steckte die Hände in die Hosentaschen.
„Gut für mich“, erklärte Megan. „Sie waren der Einzige, bei dem ich mich nicht rausreden konnte, wenn ich zu schnell gefahren und wieder mal erwischt worden bin.“
Nicki schüttelte den Kopf. „Es ist gut, dass jemand darauf achtet, dass du nicht immer so rast. Irgendwann wirst du nochmal einen Unfall bauen.“
Megan trank einen Schluck von ihrem Cocktail. „Ich fahre seit über dreißig Jahren Auto und habe noch nie einen Unfall gehabt. Ich glaube ja, dass ich eher unsicherer fahre, je langsamer ich bin. Deswegen bin ich der Meinung, dass Tempolimits nur Vorschläge sind“
Steven hob die Augenbrauen. „Ich tue jetzt mal so, als ob ich das nicht gehört habe.“ Doch er wirkte belustigt und Elizabeth wusste, dass er Megan sehr wohl einzuschätzen wusste.
Auf einmal hatte sie eine Idee. Wenn sie schon eine Dating-Challenge machten, wie wäre es dann, wenn sie Megan und Steven zu einem Date überredete. Die beiden hätten bestimmt viel Spaß miteinander.
Oder wäre er eher etwas für Nicki?
Doch ihre Gedanken wurden von Steven unterbrochen. „Elle, ich wollte dich fragen, ob du am Samstagabend auf Maggie aufpassen kannst. Eigentlich bin ich dran, aber ich habe einen …“ er zögerte kurz, „einen Termin und bin sicherlich nicht rechtzeitig zurück, bis Franchesca mich als Babysitter braucht.“
„Ja, natürlich …“, setzte Elizabeth an, doch sie wurde von Megan unterbrochen.
„Hast du da nicht ein Date, Elizabeth?“
Sie schloss kurz die Augen, als sie Stevens erstaunten Blick sah. Schnell schüttelte sie den Kopf. „Nein, da habe ich kein Date. Und auch sonst nicht. Ich date nicht. Nur falls du das denkst“, fügte sie hastig an Steven gewandt hinzu, obwohl sie gar nicht genau wusste, warum.
„Okay“, erwiderte Steven, aber es klang mehr wie eine Frage.
Elizabeth lächelte ihn an. „Ich kann Maggie sehr gern nehmen. Soll ich dann zu Aiden und Franchesca fahren?“
„Danke dir. Die Kleine kann auch hier schlafen. Wer weiß, wann Aidan und Franchesca aus dem Restaurant heimkommen.“
Doch Elizabeth schüttelte den Kopf. „Ich fahre am Sonntagmorgen früh weg, da ist es besser, wenn Maggie zuhause übernachtet. Ich bin dann übrigens eine ganze Woche fort. Nur falls ihr mich schon zum Aufpassen für Maggie oder Paige eingeplant habt.“
Steven betrachtete sie einen Moment. „Oh, wirklich? Fährst du in den Urlaub?“
„So etwas in der Art.“
„Oder ist es doch ein Date?“ Ein Lächeln schwang in seiner Stimme mit und sie ärgerte sich auf einmal, dass Megan etwas gesagt hatte. So etwas wollte sie nicht mit Steven besprechen.
Von hinten kam Megans Stimme: „Schön wär’s!“
Elizabeth seufzte. „Hör nicht auf sie.“
„Aber ein Date wäre doch nicht verkehrt. Ich wusste gar nicht, dass du dich wieder mit Männern triffst.“ Aufmerksam musterte er sie.
„Tue ich nicht.“
„Noch nicht.“ Dieses Mal war es Nicki, die sich einmischte und Elizabeth warf ihr einen Blick über die Schulter zu. Doch Nicki hob nur ihr Weinglas und prostete ihr zu.
Bevor Elizabeth etwas sagen konnte, warf Megan ein: „Wir sind noch auf der Suche nach einem passenden Date für sie, kennen Sie vielleicht einen Mann, der etwas für sie wäre?“
„Für Elle?“, fragte Steven und es wirkte, als wäre er verwundert. Irgendwie traf Elizabeth das. Auch wenn sie schon alt war, so konnte sie sich doch trotzdem mit Männern treffen. Das ging Steven überhaupt nichts an.
„Ja, für mich. Aber keine Sorge, ich brauche deine Hilfe nicht. Es gibt genug Kandidaten.“
Steven verschränkte die Arme. „Wen denn?“
„Eine Dame genießt und schweigt“, erwiderte Elizabeth und wandte sich schnell zu Megan und Nicki um, damit sie den beiden mit einem Blick zu verstehen geben konnte, dass sie sich nicht mehr einmischen sollten.
„Da hast du natürlich recht“, sagte Steven und atmete tief durch. Es wirkte, als ob er noch etwas sagen wollte, aber dann schwieg er doch.
„Sind Sie eigentlich vergeben, Officer?“, fragte Megan und Elizabeth wäre fast im Boden versunken.
„Du musst die Frage nicht beantworten“, sagte sie schnell. „Das geht uns überhaupt nichts an.“
Stevens Augen funkelten. „Auch ein Gentlemen genießt und schweigt.“
Auf einmal hätte Elizabeth gern nachgefragt, was er damit meinte. Hatte er vielleicht doch eine heimliche Freundin? Wenn sie so darüber nachdachte, dann war er in letzter Zeit sehr oft fort. Und es war noch gar nicht lange her, als er immer mit Lilly tanzen gegangen war. Aber die beiden waren über Stevens Ex-Frau quasi verschwägert und Elizabeth konnte sich nicht vorstellen, dass er und Lilly etwas miteinander hatten. Allerdings hatten sie immer sehr vertraut gewirkt.
Und auf einmal ärgerte sie sich, dass sie überhaupt darüber nachdachte. Steven konnte tun und lassen, was er wollte. Schließlich war er ein erwachsener Mann.
„Also gut, dann übernehme ich Maggie am Samstag.“
Steven nickte. „Danke, das ist wirklich nett von dir.“
„Ach was, sie ist doch auch meine Enkeltochter. Ich mach das wirklich gern.“
„Aber es war eigentlich meine Aufgabe. Und ich will dich ja nicht von einem heißen Date abhalten.“
Elizabeth unterdrückte ein Seufzen. Was hatte Megan ihr da nur eingebrockt? „Ich glaube kaum, dass ich in meinem Leben nochmal ein heißes Date haben werde. Der Zug ist abgefahren. Ein ganz normales Abendessen, bei dem man sich nett unterhält, ist das höchste der Gefühle.“
Steven hob die Augenbrauen, doch bevor er etwas sagen konnte, hörte Elizabeth schon wieder Nickis Stimme: „Wir werden dafür sorgen, dass deine Dates heiß werden, keine Sorge.“ Wein plätscherte ins Glas und die beiden Frauen kicherten.
„Ich gehe dann mal“, sagte Steven. „Schönen Abend euch noch. Und danke nochmal, Elle.“
Er tippte sich an eine imaginäre Mütze und wandte sich ab. Doch dann blieb er stehen und wandte sich noch einmal um. „Wohin fährst du genau?“
Elizabeth seufzte. „Nach Maine. Auf ein Kreativseminar nur für Frauen. Meine Freundin Chrystal hat es gebucht, aber konnte nicht fahren, weil sie ihre Tochter Violetta auf einen Auftritt begleiten musste. Ich bin nur ihr Ersatz.“
Steven zögerte. „Du bist niemals nur Ersatz, Elle.“ Dann nickte er noch einmal grüßend und ging davon.
Elizabeth schaute ihm nach, wie er über die Straße davonging. So machte er das mit ihr auch immer, wenn sie am Tag zu ihm rüberkam. Wenn es schon dunkel war, begleitete er sie sogar immer bis zu ihrer Haustür, obwohl hier wirklich nichts passieren konnte. In dieser ruhigen Seitenstraße fuhren abends nicht einmal Autos. Außerdem passierte in Carolina Creek sowieso nie irgendetwas Schlimmes.
Als Steven im Haus verschwunden war, schloss sie die Tür und wandte sich zu ihren Freundinnen um. „Wolltet ihr ihm gleich auch noch von der Challenge erzählen? Das hätte ihn bestimmt interessiert.“
Megan setzte sich etwas aufrechter hin. Auch ihr Cocktailglas war wieder voll. „Apropos, uns interessiert auch so einiges. Erstens: Woher wusstest du, dass er es war, als es geklopft hat?“
Elizabeth seufzte, setzte sich und nahm ihr eigenes Weinglas. „Er benutzt nie die Klingel, sondern klopft immer. Und das in einem speziellen Rhythmus.“
„Warum denn das?“, fragte Nicki.
„Damit ich weiß, dass er es ist, vor allem da er manchmal abends noch rüberkommt.“
Das entlockte beiden Frauen ein langgezogenes „Oooohhhh“.
„Es ist nicht das, was ihr denkt. Er ist nur ein Nachbar und er war ein guter Freund von Richard. Ich weiß nicht, was ich in den vergangenen dreißig Jahren ohne ihn gemacht hätte. Gerade wenn du vier Jungs alleine großziehst, gibt es immer mal Situationen, in denen man einen Mann an der Seite gebrauchen kann.“
„Aber deine Söhne sind erwachsen. Warum kommt er jetzt rüber? Wobei brauchst du seine Hilfe?“ Megan wackelte mit den Augenbrauen.
„Meistens geht es nur um so profane Dinge wie Babysitterdienste für Maggie und Paige. Wir wollen unsere Kinder so gut wie möglich unterstützen.“
Megan setzte sich auf. „Okay, die Antwort stellt mich zwar nicht zufrieden, aber ich glaube dir, dass er ein Helfertyp ist. Schließlich war er lange Polizist. Ich habe mich immer sehr gern von ihm anhalten lassen, auch wenn er unerbittlich war. Er sieht in seiner Uniform ziemlich heiß aus.“
„Findest du?“ Elizabeth versuchte, sich daran zu erinnern, wann sie Steven das letzte Mal in Uniform gesehen hatte. Aber es fiel ihr nicht ein. Aber ja, er hatte durchaus immer die Blicke der Frauen auf sich gezogen, wenn er un Uniform unterwegs gewesen war. Manche Frauen standen nun einmal darauf. Nicht, dass es ihr gefiel, aber dass Steven gut aussah, war nicht von der Hand zu weisen.
„Auf jeden Fall“, sagte Megan und legte sich eine Hand auf die Brust. „Ich wette, sie würde ihm immer noch stehen.“
Elizabeth leerte ihr Weinglas. „Seid ihr eigentlich nächste Woche beim Kuchenverkauf dabei? Wenn ja, mit welchen Kuchen soll ich euch eintragen? Es tut mir sehr leid, dass ich dafür nicht hier sein kann.“
Nicki hob den Zeigefinger. „Lenk nicht ab, wir sind noch nicht fertig mit dir.“
Elizabeth biss die Zähne zusammen. Ihre Freundinnen kannten sie einfach zu gut, als dass sie so ein Manöver nicht durchschauen würden.
„Genau“, sagte Megan, „ich habe noch ein Zweitens. Warum nennt er dich Elle? Es ist sehr vertraut. Intim fast.“
Sie hob die Schultern. „So nennt er mich schon sehr lange. Es ist einfach sein Spitzname für mich.“ Sie hob ihr Weinglas wieder an die Lippen, doch bemerkte dann, dass es schon leer war. Sie stellte es auf den Tisch und schenkte sich nichts nach, in der Hoffnung, dass die beiden anderen Frauen verstehen würden, dass es Zeit war, bald nach Hause zu gehen.
„Und das ist alles?“, hakte Nicki nach.
„Haben eure Bekannten keine Spitznamen für euch?“, fragte Elizabeth zurück und hoffte, dass die anderen beiden das Thema möglichst bald fallen lassen würden.
Natürlich war das nicht alles, es steckte eine längere Geschichte dahinter. Aber die hatte nichts zu bedeuten und sie würde sie ganz sicher nicht mit ihren Freundinnen teilen. Die beiden würden einfach viel zu viel da reininterpretieren.
„Ich freue mich auf jeden Fall auf Maine. Danach können wir gern mit der Challenge beginnen und ich verabrede mich mal mit jemandem zum Abendessen.“
„Du willst nicht darüber reden“, bemerkte Nicki.
„Weil es nichts zu reden gibt“, erwiderte Elizabeth mit einem Lächeln und hoffte sehr, dass die beiden ihr das abnahmen. Vielleicht hatten die beiden nach Maine ja diese Challenge schon wieder vergessen.

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Wenn Du die Geschichten von Elizabeths Söhnen und ihren Freunden lesen möchtest, dann findest Du sie alle hier in dieser abgeschlossenen Reihe. Hier geht es zur Serienseite von The Merry Men Weddingplanner
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Hast Du Lust mir einen Kommentar da zu lassen? Dann würde ich mich sehr freuen!
Julia, das Kapitel ist viel zu schnell gelesen …….
Ich bin gespannt, wie sich Elisabeth und Steven verhalten werden in der weiteren Geschichte. Es wäre toll, wenn sie mehr als Freunde würden (aber erst nach einigen Verwicklungen).
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel.
Dir und Deiner Familie einen schönen Skiurlaub.
Liebe Ulla,
danke Dir! Ja, schauen wir mal, ob aus den beiden was wird. Oder ob vielleicht doch jemand in Maine wartet? Oder ob Megan die Richtige für Steven ist? Hmmm, es bleibt spannend 🙂
Liebe Grüße, Julia
Was ist die Geschichte hinter dem Spitznamen???????
Eine sehr gute Frage, liebe Ute! Wir werden sehen 🙂 Es wird sich bestimmt noch aufklären.
Liebe Grüße, Julia
Ich bin ja sowas von Ihrer Meinung, dass Tempolimit nur ein Vorschlag ist 👍🏻😅😅😅
Was freue ich mich auf mehr ❣️
Man ist immer sofort in der Geschichte drin, und man möchte nicht aufhören zu lesen.
Na hier wird mir gerade mächtig Disziplin beigebracht 😅🙈.
Danke Julia
Hallo Julia, wie immer viel zu kurz 🤭.
Freue mich auf mehr, vor allen auf Verwicklungen die bestimmt noch kommen. Neugierig macht mich auch der Spitzname oder es wird noch zum Kosenamen.
Ich wünsche euch noch schöne Urlaubstage
Lg
Hallo liebe Julia, gerade habe ich neues Glück gelesen ,wieder einmal super gelungen und in zwei Tagen gelesen. Deshalb freue ich mich jetzt auf die Geschichte von Elisabeth. Ich weiß ja schon dass sich in Main für Elisabeth etwas verändert hat dass haben ihre Söhne ja auch schon festgestellt. Ich bin sehr gespannt wen sie dort getroffen hat. Leider muss ich jetzt Woche für Woche warten. Das fällt mir besonders schwer da ich gerne und sehr viel lese. Vielleicht kann es ja ab und zu ein etwas größeres Kapitel geben. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Kapitel. Ich wünsche euch noch eine schöne Zeit. Bis bald liebe Grüße Birgit
Spannend, liebe Julia, ohne Übertreibung von Situationen oder Einbau von Klischees. Du machst mich sehr neugierig auf Elisabeths Geschicht, überhaupt auf die weiteren Entwicklungen im Leben der ganzen Familie. Und jetzt kommt auch Megan dazu, die schnelle Megan, wer passt wohl zu ihr?
Ich freue mich auf deine Fortsetzungen! Das Warten lohnt sich, trotz meiner Ungeduld.
Danke liebe Julia, genieße deinen Urlaub!
Liebe Grüße Meike
Hallo liebe Julia,
mit viel Vergnügen habe ich die ersten beiden Kapitel gelesen.
Wie schön, dass Elisabeth auch ihre Geschichte bekommt 👍!
Und, ehrlich: auch ich kann kaum erwarten, das nächste Kapitel zu lesen 😉.. Suchtgefahr.. wie bei all deinen Büchern.
Aber trotzdem erstmal: hab einen schönen Urlaub und lass dich von uns nicht hetzen/ stressen.
Wir wissen ja, dass du uns nicht all zu lange warten lässt.
Liebe Grüße
Jutta